Ganz so eindeutig, wie in dieser Karikatur ist die Praxis der Eidgenössichen Steuerverwaltung (ESTV) nicht.
Gemäss Art. 10 MWSTG betreibt ein Unternehmen, „wer eine auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen aus Leistungen ausgerichtete berufliche oder gewerbliche Tätigkeit selbständig ausübt und unter eigenem Namen nach aussen auftritt.“
Der Schiffbrüchige in unserer Karikatur betreibt wohl kaum ein Unternehmen; seine Tätigkeit ist nicht auf die Erzielung von Einnahmen ausgerichtet; es fehlt ihm wohl auch an der Nachhaltigkeit, will er doch nur gerettet werden.
Zwei konkrete Sachverhalte zeigen die je nach Situation differenzierte Betrachtungsweise der ESTV zu diesem Thema:
In einem kürzlich ergangenen Entscheid stützte das Bundesgericht die Sichtweise der ESTV, die den Verkauf von Bildern aus der privaten Kunstsammlung eines Galerie-Inhabers als mehrwertsteuerpflichtig qualifizierte, obwohl der gleiche Vorgang aufgrund eines «Tax Ruling» der kantonalen Steuerverwaltung bei den direkten Steuern als Veräusserung von Privatvermögen galt. Ausschlaggebend war insbesondere die Beurteilung, ob die Tätigkeit nachhaltig war, weil die Nachhaltigkeit untrennbar mit den Begriffen „gewerblich/beruflich“ verbunden ist. Das Gericht gab zudem zu bedenken, dass es aus direktsteuerlicher Sicht um die Besteuerung des Einkommens bzw. Gewinns des Leistungserbringers geht, während die MWST den Konsum des Empfängers der Leistung erfasst. Für die Beurteilung der MWST-Folgen reicht deshalb ein Tax Ruling der kantonalen Steuerverwaltung nicht aus.
In eine andere Richtung geht die Argumentation der ESTV bei der Beurteilung der unternehmerischen Tätigkeit von gemeinnützigen Organisationen. Sie verneint (Entwurf der MWST-Praxis Info 02 zur Steuerpflicht) die unternehmerische Tätigkeit, wenn absehbar ist, dass dauerhaft nicht zumindest 25% der Aufwendungen durch Einnahmen aus Leistungen und nicht durch Nichtentgelte, wie Spenden, Subventionen, Querfinanzierungen, Kapitaleinlagen etc. gedeckt werden.
Dies kann dazu führen, dass eine (gemeinnützige) Organisation auch dann nicht steuerpflichtig wird, wenn ihre steuerbaren Einnahmen über der Umsatzgrenze von CHF 100’000 liegen. Im Gegenzug ist dann aber auch kein Vorsteuerabzug möglich.
Auch in diesem Fall muss kritisch geprüft werden, welche MWST-Folgen diese Auslegung hat.
Karikatur aus: Karikaturen Kalender 2013 für Steuerberater; http://www.peter-kreuselberg.de