Ich habe immer wieder die Gelegenheit, Bauprojekte und deren MWST-liche Abwicklung zu beurteilen; manchmal leider erst im Nachhinein, wenn die wichtigen Entscheidungen schon gefallen sind. Dabei ist mir aufgefallen, dass der Mechanismus nicht immer klar ist.

aus: http://www.zeichenware.at Karl Berger Cartoons
Konkret geht es um die Abgrenzung zwischen von der Steuer ausgenommenen und steuerbaren Immobilienlieferungen. Diese Abgrenzung wird dann relevant, wenn ein Grundstück veräussert wird, auf dem der Veräusserer (oder eine ihm nahestehende Bauunternehmung) einen Neubau erstellt.
Die ESTV stellt für die Abgrenzung darauf ab, ob der Kaufvertrag vor oder nach Baubeginn unterzeichnet worden ist. Wenn der Kaufvertrag vor Baubeginn unterzeichnet worden ist, dann liegt eine steuerbare Immobilienlieferung vor, wenn er erst nach Baubeginn unterzeichnet wird, dann ist das Immobiliengeschäft von der Steuer ausgenommen.
Nun besteht oft die Meinung, dass die Variante „steuerbar“ dann vorteilhafter ist, wenn die MWST auf den Käufer überwälzt werden kann. Dies ist aber gerade im privaten Immobiliensektor (Erstellen von Einfamilien- oder Mehrfamilienhäuser) ein Trugschluss, wie nachstehendes Berechnungsbeispiel zeigt. Dabei wird der Wert des Bodens nicht mitberücksichtigt, weil dieser Wert nie in die Bemessungsgrundlage einfliesst:
Erstellungkosten inkl. MWST 10’770’000
Verkaufspreis netto 12’000’000
Bei Vertragsabschluss vor Baubeginn erhöht sich der Verkaufspreis um die MWST, wenn die Überwälzung vereinbart wurde
Der Käufer bezahlt 12’924’000
Die Marge des Verkäufers beträgt somit 2’000’000
Bei Vertragsabschluss nach Baubeginn kann die MWST auf den Erstellungskosten nicht geltend gemacht werden. Damit der Verkäufer die gleiche Marge erzielt, muss er diese MWST auf den Käufer überwälzen.
Der Käufer muss somit 12’770’000 bezahlen. Dies ist um CHF 154’000 weniger als bei der ersten Variante und gibt dem Verkäufer noch Verhandlungsspielraum.
Es lohnt sich also, vor Beginn des Projektes zu prüfen, ob es nicht möglich ist, die Verträge erst nach Baubeginn zu unterzeichnen.